Rudi Kost

Was ist los mit Trimmel?

Inhalt

Trimmel heiß ich

Trimmel und die Psychiater

Trimmel, das Ekel

Trimmel, dein Freund und Helfer

Trimmel, der Säufer

19. Januar 1919

Trimmel, der Profi

Trimmel und seine Leute

Edmund Höffgen

1. April 1945

Gaby Montag

Trimmel lacht

Anhang

Trimmel im Buch

Trimmel im Fernsehen

Erschienen 1986 in der Reihe "Kabinett der Detektive", Poller Verlag
ISBN 3-87959-266-7
© Rudi Kost

 

Vergriffen; gebraucht erhältlich zum Beispiel bei:

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Anhang

Über Trimmels Geburtsdatum liegt, wie bereits erwähnt, der Nebel des Mysteriösen. Ich habe, aus guten Gründen, den 19. Januar 1919 ausgemacht. Kurz vor Drucklegung dieses Buches erreichte den Verlag jedoch ein handschriftlicher Brief von Paul Trimmel (Poststempel: Hauptpost Hamburg, 17. April 1986), den wir hier im Faksimile wiedergeben.

 

Hamburg, den 16. April 1986

 

Sehr geehrte Herren,

 

wie ich weiß, beabsichtigen Sie, ein Buch über mich zu veröffentlichen, in dem Sie behaupten, ich sei im Jahre 1919 geboren worden. Das ist Unsinn, und das müßte auch Ihnen einleuchten. Denn dann wäre ich ja bereits 67 Jahre alt. Haben Sie schon einmal von einem Hauptkommissar gehört, der mit 67 noch im Dienst ist? Ihr Autor hat sich um ganze zehn Jahre vertan. In Wahrheit bin 1929 geboren. Ich bitte Sie doch herzlich, diesen Irrtum zu berichtigen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Paul Trimmel

 

An diesem Brief ist einiges merkwürdig, abseits der Frage, wie Trimmel überhaupt an das Manuskript gekommen ist.[1] Zunächst: seit wann "bittet" Trimmel, und dazu noch "herzlich"? Die Sitzungen bei Dr. Lorff haben Trimmel anscheinend doch nachhaltiger verändert, als bisher zu vermuten war. Sodann: warum kündigt der Leiter der Kriminalgruppe 1, falls seiner Bitte nicht entsprochen wird, keine juristischen Maßnahmen an, wie es in anderen Fällen tatsächlicher oder vermeintlicher falscher Behauptungen üblich ist?

Da ist etwas oberfaul. Offensichtlich will Trimmel die Sache nicht an die große Glocke hängen, und er wird – auch er – seine guten Gründe dafür haben.

Tatsache ist folgendes. Trimmels Biograph Friedhelm Werremeier hat das Geburtsjahr des Hamburger Hauptkommissars mit 1919 angeben,[2] und es gab keinerlei Anlaß, daran zu zweifeln: von einem Widerspruch Trimmels war nichts bekannt, und Werremeier genießt den Ruf, es mit Details sehr genau zu nehmen.

Interessanterweise ist der Hinweis auf dieses Geburtsdatum in der überarbeiteten Fassung von Trimmels Leipzig-Abenteuer gestrichen worden,[3] und zwar, wie wir aus zuverlässigen Quellen erfahren haben, auf Trimmels ausdrücklichen Wunsch hin. Hinterhältigerweise hat Trimmels Biograph eine andere Bemerkung, die damit in Zusammenhang steht, nicht getilgt. Der Vopo-Oberleutnant Peter Klaus erzählt nämlich, sein Vater sei 1945 drei Tage vor Kriegsende von einem dienstverpflichteten Polizisten als Deserteur erschossen worden und schaut Trimmel dabei böse an. Der jedoch entgegnet:

"Wollen Sie jetzt auch noch sagen, ich könnte Ihren Vater umgelegt haben? Bloß, weil ich älter bin als Sie? Nee, Bester – ich bin’s nicht gewesen! Ich bin total sauber!"[4]

Wäre Trimmel tatsächlich 1929 geboren, macht diese Bemerkung keinen Sinn. Trimmel wäre dann bei Kriegsende 16 Jahre alt gewesen und schon von daher "total sauber" in Bezug auf das erwähnte Vorkommnis.

Offensichtlich versucht Trimmel, einiges zu verschleiern. Die Vermutung ist nicht von der Hand zu weisen, daß es sich hierbei um ein krummes Ding handelt.

Es ist uns, auf Wegen, die wir begreiflicherweise nicht offenlegen können, gelungen, in Trimmels Personalakte Einblick zu nehmen. Dort ist, in der Tat und irritierend genug, als Geburtsjahr 1929 vermerkt.[5] Aber wie reimt sich das mit dem Umstand zusammen, daß in den entsprechenden Kirchenbüchern zwar die Taufe eines Paul Trimmel im Jahre 1919 registriert ist, 1929 indessen nicht?

Keine Frage: in allen offiziellen Papieren[6] ist Trimmels Geburtsdatum manipuliert worden. Ungeklärt ist lediglich, wer das getan hat und warum.

Zwei Mutmaßungen scheinen mir am naheliegendsten.

Nach der einen hat Trimmel sich selber unerlaubt um zehn Jahre verjüngt -- vielleicht eine Panik-Reaktion in der Midlife Crisis. Möglichkeiten dazu hatte er in seiner Position genügend, und offiziell kann eine Geburtsurkunde ja auch in den Kriegswirren untergehen ...

Denkbar wäre allerdings auch, daß die Hamburger Polizeispitze eine Fälschung des Geburtsjahres initiiert hat, um ihren besten Mann nicht wegen Erreichens der nun mal verbindlichen Pensionsaltersgrenze zu verlieren, und sie konnte das, mit seinem Einverständnis, versteht sich, auch gefahrlos tun, da Trimmel alterslos und war das schon immer.

Sein Biograph Friedhelm Werremeier, darauf angesprochen, ist nur zu der lakonischen und sibyllinischen Antwort zu bewegen, er schildere die Erlebnisse seines Helden so gut wie nie in chronologischer Reihenfolge und mache überdies fast nie Jahresangaben.

Das ist nun in der Tat auch wieder richtig.



[1] Als einziger Informant kommt eigentlich nur der bekanntermaßen hart recherchierende Reporter Robert Gerber in Betracht, der seit jüngstem Polizei und Staatsanwaltschaft von Frankfurt zur Verzweiflung treibt (siehe Friedhelm Werremeier: "Trio unter Strom", Heyne Krimi 2159). Dem Verlag wäre ansonsten nicht bewußt, daß er den bundesdeutschen Sicherheitsdiensten Anlaß zu Maßnahmen der beobachtenden Fahndung gegeben hätte.

[2] Siehe "Taxi nach Leipzig", rororo 2188, S. 58.

[3] Siehe "Taxi nach Leipzig", Heyne Krimi 2021, S. 73

[4] Siehe "Taxi nach Leipzig", Heyne Krimi 2021, S. 85.

[5] Sicherlich auch in Trimmels Personalausweis, Führerschein usw. Mehrere Versuche, ihrer habhaft zu werden, sind gescheitert. Beklagenswerterweise können deutsche Privatdetektive ihren amerikanischen Kollegen nicht das Wasser reichen.

[6] Mutmaßlich. Die Möglichkeiten des im Computer-Zeitalters zu recht so gefürchteten illegalen Zugangs zu sensiblen Daten funktionierten zumindest im Falle Trimmel nicht. Auch deutsche Hacker müssen noch viel lernen. – Das Kirchenbuch wurde offenbar übersehen. Das sind die kleinen Zufälle, nach denen manche Krimi Autoren so verzweifelt suchen.